Online-Vortrag der Bundesbank zu Zahlungssystemen heute und in Zukunft im Wirtschaftskurs J2

Zahlungssysteme – das hört sich zunächst reichlich abstrakt an. Im Grunde geht es hier um alles, was zwischen Banken, Zentralbanken und Zahlungsdienstleistern im Hintergrund abläuft, wenn wir bezahlen. Andererseits steht die Frage im Mittelpunkt, wie wir bezahlen, also bar, mit Karte, per Online-Banking u.a.

Zunächst stellte Frau Brunner eine Studie der Bundesbank über das Zahlungsverhalten der Deutschen vor. Hier zeichnen sich bestimmte Trends ab, die durch Corona aller Voraussicht nach beschleunigt werden: So sanken die Barzahlungen der Deutschen zwischen 2014 und 2017 um ca. 6 Prozentpunkte von 53 % auf 47 %. Entsprechend stiegen die Zahlungen per Debitkarte von 24 auf 27 %, das kontaktlose Bezahlen von 0,1 auf 1,1 %. Kleinere Beträge werden nach wie vor gerne bar, größere mit Karte bezahlt werden. Was das kontaktlose Bezahlen angeht, war die dafür notwendige „Nahfeld-Kommunikationstechnik“ (NFC-Technik) ca. 2010 ausgereift und wurde und wird zunehmend in Karten und Smartphones integriert.

Deutschland wird oft nachgesagt, dass hier nach wie vor gerne bar bezahlt würde und die Deutschen nicht sehr offen gegenüber neuen Zahlungsarten seien. Frau Brunner zeigte jedoch, dass in Deutschland - bezogen auf den Wert der Transaktionen – nur ca. 55 % bar gezahlt wird. Damit liegt es vor Spanien, Italien, Österreich und Griechenland, wo mehr in bar bezahlt wird, jedoch hinter Frankreich, den Niederlanden, Belgien, Estland und Finnland, wo andere Zahlungsarten dominieren.

Im Anschluss ging die Referentin auf verschiedene Aspekte unseres aktuellen Zahlungssystems ein.

Interessant war beispielsweise, dass auch Barzahlungen im Einzelhandel für Händler nicht kostenlos sind, wie man zunächst meinen könnte. Banknoten werden als gesetzliches Zahlungsmittel schließlich unentgeltlich von der Bundesbank bereitgestellt. Jedoch entstehen Händlern Kosten in Form von Kassierzeiten (Kassieren bedeutet: bezahlte Arbeitszeit), für Kassensysteme und weitere Transaktionskosten (etwa Bargeldtransport durch eine Sicherheitsfirma etc.). Bezogen auf die Kosten ist sogar eine Zahlung per Girocard oder Lastschrift für die Händler günstiger. Kostenmäßig am teuersten ist das Zahlen mit Kreditkarte, weshalb diese nicht überall akzeptiert wird bzw. erst ab einem gewissen Mindestbetrag.

Des Weiteren ging Frau Brunner auf Sicherheitsmerkmale von Banknoten, den Aufbau der IBAN- und BIC-Nummern, SEPA-Überweisungen bzw. -Lastschriften ein. Es wurde deutlich, dass gerade bei Online-Käufen eine Bezahlung auf Rechnung oder per Lastschrift sicherer ist, da im ersten Fall die Zahlung erst erfolgt, wenn die Ware erhalten wurde bzw. im zweiten Fall die Lastschrift wiederrufen werden kann – bis zu 13 Monate nach ihrer Erteilung.

Etwa die Hälfte des Vortrags nahmen Innovationen bei Zahlungssystemen ein, wofür sich die Schüler/innen im Besonderen interessiert hatten.

Hinsichtlich des kontaktlosen Bezahlens haben wir uns sicher alle schon darüber gewundert, wie „schnell und leicht“ das Geld weg ist – dazu noch ohne Eingabe einer PIN oder einer Unterschrift. Letztere werden erst abgefragt ab Beträgen über 25 €. Könnte ein Dieb bzw. der Finder einer Karte nicht beliebig oft Beträge unter 25 € abheben und so ein Konto plündern? Frau Brunner beruhigte hier: Nach 5-maligem Bezahlen wird die Eingabe der PINs verlangt. Generell sollte ein Kartenverlust natürlich immer schnell gemeldet werden.

Was neue Zahlungssysteme angeht, erwiesen und erweisen sich private Technologiekonzerne oft als Vorreiter. So experimentiert „Amazon go“ in den USA mit Shops, bei denen man sich beim Eintritt über eine App anmeldet, anschließend seine Waren zusammensucht und dann den Laden einfach verlässt. Die Rechnung erhält man anschließend aufs Handy. Die Psychologie dahinter ist – so die Referentin – klar: Einkaufen tut weniger weh, da man durch den Wegfall des Bezahlens nicht merkt, dass einem etwas genommen wird – das Geld.

Auch der Zahlungsdienstleister „paypal“ (der übrigens eine Banklizenz besitzt) nutzte einst eine Marktlücke für sein Geschäftsmodell, die sich auf der Handelsplattform ebay zeigte: Überweisungen werden von Banken i.d.R. gebündelt und erst am nächsten Tag ausgeführt. Ein ebay-Käufer musste also relativ lange auf seine Ware warten, da der Verkäufer zunächst auf sein Geld warten musste, bevor er dann die Ware losschickte. Paypal gelang es hier, ein Überweisungssystem in Echtzeit zu schaffen.

Mittlerweile bieten auch Sparkassen und Volksbanken Überweisungen in Echtzeit gegen eine geringe Gebühr an. Vorteil hierbei ist es, dass Finanzdaten nicht an Dritte (Konzerne oder private Finanzdienstleister) gelangen und der Datenschutz gewährleistet ist.

Den Abschluss des Vortrags bildete das Thema „Kryptowährungen“. Was von diesen zu halten sei, hatte die Schüler/innen des Kurses besonders interessiert.

Frau Brunner führte hier aus, dass das Thema Auftrieb vor dem Hintergrund der Finanzkrise 2007/8 bekommen hätte: Hier wurde das bestehende Finanzsystem aus Banken und dahinter stehenden Zentralbanken, deren Zahlungen durch ein zentrales Clearingsystem abgewickelt werden, kritisch hinterfragt.

Als Gegenentwurf hierzu erfand eine IT-Gruppe unter dem Pseudonym „Satoshi Nakamoto“ ein dezentrales Kontensystem, das auf Kryptographie und einer Blockchain beruht: Der Bitcoin war geboren. Da alle Konten in einer aufeinander aufbauenden Kette von Blöcken gespeichert werden, die sich über alle am System teilnehmenden Rechner verteilt, ist es nicht möglich, Fälschungen im System vorzunehmen. Um Nutzern Anreize zu bieten, Rechenkapazitäten für das System bereitzustellen, wird jeweils demjenigen, dessen Rechner eine Transaktion am schnellsten ausführt, eine Gutschrift in Bitcoin gutgeschrieben.

Sind also dezentrale Rechenpower und Kryptographie dem gegenwärtigen Finanzsystem überlegen? Zu dieser Frage bezog die Bundesbankerin eindeutig Position: Ziel der Bundesbank, die im Auftrag der Europäischen Zentralbank handelt, sei es, den Wert des Geldes stabil zu halten (konkret wird eine Inflationsrate von knapp unter 2 % angestrebt). Kryptowährungen schwankten dagegen extrem im Wert, z.T. um 30 % pro Tag. Oft sei es nur Spekulation auf weiter steigende Kurse, die (scheinbare) Wertgewinne anheize. Nicht zuletzt stünden hinter Kryptowährungen keine echten Werte, sondern es handle sich nur um Daten, die auf Servern lagerten, die nicht einmal den Besitzern von Kryptowährungen gehörten. Im Unterschied dazu stünden hinter dem Wert des Zentralbankgeldes Wertpapiere, Gold, die Bürgschaft von Staaten, die bei der Zentralbank eingelagert seien.

Die Popularität von Kryptowährungen, egal was man nun von ihnen hält, habe andererseits – so Frau Brunner zuletzt - neue Entwicklungen bei der Europäischen Zentralbank angestoßen: So wird 2021 ein Projekt zu einem „digitalen Euro“ gestartet. Wie dieser ausgestaltet wird, sei noch nicht ganz klar, ob als App oder als Möglichkeit, eine Wallet, letztlich eine Art elektronische „Brieftasche“ für digitale Euros, bei der Zentralbank zu führen. Letztere Option würde ein Novum darstellen, da bislang nur Banken oder Staaten Konten bei der Zentralbank führen konnten, nicht Unternehmen oder Privatnutzer.

Insgesamt war es ein kurzweiliger und informativer Vortrag, in dem Frau Brunner das nicht immer einfache Thema durch viele konkrete Beispiele den Schüler/innen anschaulich machte. Im Februar wird sie sich zum Thema „Corona, Staatsverschuldung und Geldpolitik“ nochmals in den Wirtschaftsunterricht zuschalten, worauf wir schon sehr gespannt sind.

Frieder Elsäßer

Wirtschaftslehrer am ESG

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